Mit der Entdeckung und Aufbereitung eines Farbrohstoffes ergeben sich im Gegensatz zur Verwendung von gekauften Farben einzigartige Chancen:
Schon der Gedanke, sich Farben in der Natur zu suchen ist ein Zugewinn an Sensibilität und Aufmerksamkeit. Jeder geologische Aufschluss, jede Kiesbank im Bachbett ist eine Fundgrube, die Entdeckung einer unter der Vegetationsschicht verborgenen zweiten farbigen Landschaft. Dabei geht es um aussagekräftige Rohstoffproben (bei Steinen Handstückgröße, bei Erden ca. 2 Liter) und nicht um Masse.
Die Herkunft eines Rohstoffs und die Fundsituation (Geologische Formation oder von Menschen z.B. im Straßenbau verfrachtetes Fremdmaterial, Wetter, Gerüche, Geräusche etc.) sind noch im Gedächtnis, selbst wenn erst später ein aus diesem Rohstoff eigenhändig gewonnenes Pigment mit Bindemitteln zur Farbe angemischt wird.
Durch die intensive Auseinandersetzung mit dem Rohstoff lernt man die Charakteristika des Materialskennen (Gesteinsart, Härte, Reinheit, Schichtung, Deckkraft, Bindemittelverträglichkeit, Ergiebigkeit, etc.) und sucht dem Rohstoff angemessene Wege der (=> Technik) Pigmentgewinnung (z.B. Mörsern, Schlämmen). Im Handel sind nur begrenzt Werkzeuge (Reibschalen, Pistill, Siebe) zur Pigmentherstellung erhältlich. Aus anfänglicher Improvisation werden durch „Erfindungen“ im Lauf der Erprobung praxistaugliche Werkzeuge für die manuelle Herstellung kleiner Pigmentmengen.
Die mechanische Zerkleinerung erfolgt mittels Fäustel, Mörser und Stößel, Reibschale und Pistill. Aus der Differenzierung nach Korngrößen durch das Aussieben in Sieblinien unterschiedlicher Maschenweiten (vom Rohstoffbrocken bis zum feinsten Lasurpigment mit einer Korngröße unter 40 µm) ergibt sich ein hohes Maß an Autonomie in der Wahl der Ausdrucksmöglichkeiten.
Gröbere Korngrößen ermöglichen in Applikationen und Spachtelmassen dreidimensionale Bildwirkungen. Mehrere Lasurlagen mit feinstem Pigment bringen mittels Tiefenlicht Erde zum leuchten.
Durch Schlämmen in Wasser lassen sich Erden, Tone und Spaltenfüllungen mit etwas Geduld, doch ohne körperliche Anstrengung von Fremdstoffen (Steinchen, Wurzelreste) trennen. Dieses damit gewonnene feine Pigment eignet sich hervorragend für Lasuren. Manchmal nimmt einem die Natur die Herstellung von Lasurpigmenten ab indem Bäche nach einem Gewitterguss an besonderen Stellen feinen farbigen Schlick ablagern.
Fein geschlämmtes Sediment im Barranco de las Angustias (La Palma)
Körperhafter Farbauftrag mit geschlämmten Pigmenten und wässrigen Bindemittelsystemen kann durch Schwundrisse problematisch sein (tonhaltige Rohstoffe quellen und schwinden je nach Feuchtigkeitsgehalt). Besser sind für pastosen Farbauftrag aus Steinen hergestellte Pigmente geeignet.
Besonders seltene Mineralien wie das Bergblau des Mittelalters (Azurit) sind meistens in Begleitgesteinen eingebettet. Da hilft dann nur die Geduldsmethode „Aschenputtel“ und - um der Schönheit und Seltenheit des Rohstoffes gerecht zu werden - ein Zerkleinern bis zum Pigment mit einem Achatstößel in einer kleinen Achatschale.
Jeder Ort hat seine Farben.
Wenn ein Ort typische Farben bereithält, kann er mit seinen eigenen Farben portraitiert werden (Héautochromie). Das ist mit gekauften Farben schlicht unmöglich.
Erdfarben setzen in Bezug auf hohe Lichtechtheit Maßstäbe und besitzen gerade im Kontrast zu einer immer lauter werdenden optischen Umwelt eine wohltuend natürliche Harmonie.
Rohstoffe aus dem Hérault
Aus Rohstoffen wird Pigment
120 Rohstoffproben aus dem Hérault
Rohstoffe aus La Palma
Es lassen sich zwei große Gruppen an Vulkangesteinen unterscheiden. Die ältere ist unterseeisch in Kontakt zu Meerwasser schnell erstarrt und mit der Hebung der Insel heute als Kissenlava oder als granitähnlicher Gabbro z.B. in tieferen Lagen des Barranco de las Angustias zu finden. In der dichten und harten Kissenlava kommen sehr schöne grüne und blaugraue Einschlüsse vor. Die jüngere Gruppe bilden überseeische Ergussgesteine, Lavadecken (dunkler Basalt und hellgrauer Trachyt) und Ascheschichten (farbiger Tuff in Rot- und Ockertönen), die einen typischen Schichtvulkan bilden. Vor allem die Ascheschichten begünstigen starke Erosionen. Die Caldera de Taburiente ist in einer gigantischen Erosion über den Barranco de las Angustias ausgeräumt worden. An der Mündung ins Meer bei Puerto de Tazacorte wird in einem Schuttfächer dieses Material abgelagert bevor es in die Tiefsee abrutscht. Ein Blick auf diese Steine lohnt sich für den Farbensucher allemal.
Außer den feinen natürlich geschlämmten Sedimenten (Barranco de las Angustias) erfordern Rohstoffe vulkanischen Ursprungs durch ihre typischen Materialeigenschaften (hart, glasig, spröde etc.) intensive Bearbeitung, um zu feinen Farbpigmenten zu kommen. Selbst in einer Größe <60 µm bleibt das Pigmentkorn meist scharfkantig und verhält sich entsprechend sperrig im Pinsel. Für eine künstlerische Wandgestaltung sind Vulkanfarben gut geeignet, für Tafelbilder nur eingeschränkt.
Volcan de Teneguia, Eruption 1971: Junge Vulkanasche
Krater des Volkan de Teneguia (Eruption 1971)
Barranco de las Angustias: Vom Fluss geschlämmt
Grüne Einschlüsse in Kissenlava
Rohstoffdokumentation (Detail): Vulkanfarben aus La Palma
Rohstoffe aus dem Meteoritenkrater Nördlinger Ries
Für die Pigmentherstellung ist in erster Linie "Bunte Breccie" interessant. Sie heißt zu Recht BunteBreccie. Sie stammt geologisch aus Schichten, die normalerweise unter mehrere hundert Meter dicken Malmkalken liegen und durch den Meteoriteneinschlag in einer Umkehrung der Schichtenfolge (d.h. Material aus geologisch älteren Schichten liegt stark durchwirbelt auf jüngeren Schichten) auf dem Kraterrand abgelagert wurden. Aufschlussreich sind Bohrkerne von Tiefbohrungen im Ries und am Riesrand, die im ZERIN (Zentrum für Rieskrater-und Impaktforschung Nördlingen des Museums für Naturkunde, Humboldt-Universität Berlin) archiviert sind. Danach stammen wesentliche Bestandteile der Bunten Breccie aus dem Unteren Jura und aus dem Trias.
Aumühle Westwand – Kleinteilige Bunte Breccie unter Suevi
Aumühle Ostwand – Eine Woge Bunter Breccie unter Suevit
Rohstoffsammlung Unterwilflingen
Trocknen vor dem Mörsern
Rohstoffe von Gundelsheim
Pilotprojekt Aumühle - Rohstoffdokumentation Detail
Suevit – (lat. Suevia = Schwaben) charakteristische Formen und Farben